6 Prinzipien der Verkaufspsychologie im E-Commerce | Kussin

6 Prinzipien der Verkaufspsychologie im E-Commerce


Wie du mit bewährten psychologischen Mechanismen deine Onlineshop-Conversionrate steigerst

10.11.2022 | Felix Hartung | Marketing

Manchmal habe ich das Gefühl, dass es uns im Online Marketing oft mehr darum geht, Bots oder Algorithmen zu manipulieren, anstatt Menschen zu beeinflussen, Menschen zu überzeugen.

Deswegen habe ich dir in diesem Beitrag sechs Prinzipien der Verkaufs-Psychologie aus dem Buch „Influence“ von Robert Cialdini mitgebracht und möchte dir anhand ein paar Beispielen zeigen, wie du diese Prinzipien auch im E-Commerce richtig und wirkungsvoll anwenden kannst.

1. Reziprozität

Übersetzt heißt das so viel wie das Prinzip der Gegenseitigkeit und bedeutet sinngemäß „Wie du mir, so ich dir„. Wenn ich dir einen Gefallen erweisen, dass du unterbewusst auch mehr dazu gewillt, mir dafür einen Gefallen zurück zu erweisen.

Banales Beispiel: Ich schenke dir eine Banane und du hast unterbewusst das Gefühl mir etwas schuldig zu sein und schenkst mir im Gegenzug einen Apfel.

Wie können wir das im E-Commerce für uns nutzen?

  • Gute, unverbindliche Beratung
  • Hilfreiche Blogbeiträge
  • Verlosungen
  • Kleines Geschenk zur ersten Bestellung

Zuerst müssen wir uns die Frage stellen: „Auf welche Arten können wir unseren Nutzern denn vor dem Kauf bereits einen Gefallen erweisen?“

Und das ist in erster Linie:

  • informationell
  • und physisch.

Informationelle Maßnahmen

Auf informationeller Ebene kannst du den Nutzern vor dem Kauf eine außerordentlich gute, unverbindliche Beratung zur Verfügung stellen.

Beispiel: Ein Nutzer erkundigt sich bei dir als Musik Onlineshop, welche Gitarrensaiten er benötigt. Du berätst ihn nicht nur bezüglich der Unterschiede zwischen Nylonsaiten, Stahlsaiten, E-Gitarrensaiten und welche er für seine Gitarre braucht, sondern schickst ihm noch dazu ein Video Tutorial wie er die Saiten richtig auf seine Gitarre aufziehen kann.

In diesem Bereich eignen sich natürlich auch hilfreiche Blogbeiträge, die dem User nützliche Informationen zur Verfügung stellen und ihm auch signalisieren, dass du ein Experte in deiner Branche bist.

Physische Maßnahmen

Hier kannst du zum Beispiel mit Verlosungen arbeiten oder deinen Kunden bei der ersten Bestellung ein kleines Geschenk mit zupacken.

2. Konsistenz

Übersetzt heißt das so viel wie „Widerspruchsfreiheit oder Deckungsgleichheit der Argumente“ und bedeutet dann praktisch so viel wie „der Mensch ist eher dazu geneigt, seine Überzeugungen beizubehalten und sich in Zukunft ähnlich zu entscheiden“.

Info

Ein Bestätigungsfehler (engl. confirmation bias) ist ein Begriff der Kognitionspsychologie, der die Neigung bezeichnet, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigene Meinung bestätigen. (Quelle: Wikipedia)

Vielleicht hast du schon mal von der „Fuß in der Tür Technik“ gehört: Wenn simple Fragen in einem Dialog bereits mit „Ja“ beantwortet wurden, ist ein „Ja“ in Bezug auf die Zielfrage, also in unserem Fall die Kaufentscheidung, deutlich wahrscheinlicher.

Beispiel: Die folgenden Fragen profitieren davon, dass der Angesprochene bereits ähnlichen Fragen zugestimmt hat:

„Sag mal, wir sind doch Freunde, nicht wahr?“

„Und Freunde sollten einander helfen, oder?“

„Und Geld sollte dabei keine Rolle spielen, oder?“

Erklärung: Im Prinzip basiert diese Technik darauf, nicht direkt mit der Tür ins Haus zu fallen und sich erst einmal mit kleinen Schritten voran zu arbeiten, sodass der Angesprochene gar nicht erst merkt, dass er Schritt für Schritt beeinflusst wird und schlussendlich der Zielfrage zustimmt.

Wie kannst du das im E-Commerce für dich nutzen?

  • Cross-Selling
  • Post Purchase Upsells
  • Newsletteranmeldungen

Cross Selling: Der Nutzer sieht sich bereits ein Produkt an oder hat es vielleicht auch schon in den Warenkorb gelegt und hat somit schon das erste „Ja“ gegeben. Das heißt ein „Ja“ auf die zweite Frage, also den Vorschlag eines weiteren Produktes, was er in den Warenkorb legen kann, ist deutlich wahrscheinlicher. Deswegen solltest du dich darum bemühen, deine Cross Sales gut einzusetzen, also relevante Cross Sales anzuzeigen, die auch möglichst gut zum Bedürfnis des Käufers passen.

Zum Beispiel kannst du dafür die Fact Finder Recommendation Engine nutzen, die anhand von KI basierten Vorschlägen die Cross Sales, die dem Nutzer angezeigt werden, auswählt.

Post Purchase Upsells: Dein Kunde hat bereits eine Bestellung abgeschlossen und bekommt auf der Bestellbestätigungsseite noch ein weiteres Angebot, was er seiner Bestellung hinzufügen kann. Er hat mit der Bestellung bereits das erste „Ja“ gegeben und wird nun viel wahrscheinlicher dazu gewillt sein, ein weiteres Produkt noch dazu zu tun.

Warnung: Diese Taktik ist eher aus dem amerikanischen Bereich und könnte auf dem deutschen Markt eher zu Vertrauensabfall führen und somit auch zur Kaufreue, weil bei solch aufdringlichen Angebots-Taktiken schnell eine gewisse Unseriosität mitschwingt.

Aber auch Newsletter-Anmeldungen kannst du für das Prinzip der Konsistenz nutzen. Also wenn sich ein User bereits aktiv für deinen Newsletter registriert hat und somit sein erstes „Ja“ gegeben hat, ist ein zweites „Ja“ also in diesem Fall der Kauf deutlich wahrscheinlicher.

3. Social Proof

Das hast du wahrscheinlich auch schon mal gehört und bedeutet übersetzt soziale Bewährtheit. Also Menschen wollen, was andere Menschen wollen.

Beispiel: Gehst du eher in ein Restaurant, in dem keine anderen Leute sitzen und du nur die Grillen zirpen hören kannst? Oder in ein gut besuchtes, das dir vielleicht sogar empfohlen wurde? Ziemlich wahrscheinlich wirst du dich für das entscheiden, was sich bereits bewährt hat.

Wie kannst du Social Proof im E-Commerce zu nutzen?

  • Kundenbewertungen
  • Social Media Follower

Wahrscheinlich weißt du selbst, dass eines der wichtigsten Dinge im E-Commerce Bewertungen sind. Also sammle viele gute Kundenbewertungen.

Problem: Vertrauen die Nutzer überhaupt darauf, dass die Bewertungen echt sind? Hier würde ich dir empfehlen, eine Instanz mit Trust und Autorität (Wie Trustpilot oder Trusted Shops) zwischen zu schalten. Hierbei vertrauen die meisten Nutzer darauf, dass die Bewertungen valide sind – vor allem, wenn sie noch mit dem Label „verifizierter Kauf“ oder ähnliche Bezeichnungen ausgezeichnet sind.

Social Media Follower: Baue eine große Followerschaft auf. Damit deine Nutzer nicht denken, dass du dir Follower gekauft hast, sollte das Verhältnis aus Kommentaren, Likes und Abonnenten stimmen. Hast du 60.000 Follower, aber niemand liked deine Bilder, wird der Vertrauensabfall wahrscheinlich sogar größer sein, als wenn du nur 100 Follower hast.

4. Autorität

Wir gehorchen dem, der die Macht oder die Expertise hat. Zum Beispiel verleiht ein Doktortitel oder eine Uniform einer Aussage mehr Glaubwürdigkeit als die gleiche Aussage ohne diese Autoritätsmerkmale.

Info

Dieses altbewährte Prinzip wurde früher bereits in der Zigarettenwerbung eingesetzt. Vielleicht kommt dir der Slogan „More doctors smoke camels than other cigarette“ bekannt vor. Hier wurde sogar ein Artikel veröffentlicht, in dem die Werbebotschaft auf einer wissenschaftlichen Befragung von Ärzten basieren sollte.

Wie kannst du Autorität im E-Commerce für dich nutzen?

  • Zertifikate wie das MSC Symbol bei Thunfisch, Dermatest bei Hautpflege Produkten oder das Trusted Shops Siegel bei Onlineshops.
  • Informationeller Content, der deinen Expertenstatus untermauert. Wenn du zum Beispiel in der Gesundheitsbranche tätig bist und die Möglichkeit dazu hast, binde Studien als Quellenangaben mit ein.

5. Knappheit

Knappheit ist die Wahrnehmung, dass Produkte attraktiver wahrgenommen werden, wenn ihre Verfügbarkeit begrenzt ist. Wahrscheinlich ist das für dich auch keine Neuheit, dass in der Marktwirtschaft folgendes Prinzip gilt: „Bei gleicher Nachfrage ist der Preis höher, wenn das Angebot begrenzt ist.“

Denn dieses Prinzip triggert auch unsere Angst, etwas zu verpassen, also unsere „fear of missing out„.

Beispiel: Ein limitierter Schuh (Nike Air Mag 2016, kennst du vielleicht aus Back to the Future) wurde 2016 mit 98 Exemplaren auf den Markt gebracht und für 50.000-100.000€ versteigert. Klar, der Schuh hatte natürlich auch eine enorme Popularität durch den Film. Aber glaubst du, der Preis wäre so in die Höhe getrieben worden, wenn die Menge nicht auf 98 Stück begrenzt worden wäre?

Einsatz im E-Commerce

  • Bestandsinformation „Nur noch wenige verfügbar“
  • Zeitlich begrenzte Angebote

Du kannst auf der Produktseite auf die begrenzte Menge hinweisen. Zum Beispiel wie Asos. Hier wird nicht nur auf der Produktseite, sondern auch noch mal im Warenkorb versucht, die „fear of missing out“ zu triggern.

Zweite Möglichkeit sind zeitlich begrenzte Angebote, z.B. „20% auf alle Bestseller – nur bis Sonntag“. Am besten funktioniert’s, wenn du dazu noch einen Countdown Timer anwendest. Doch auch nach dem Kauf hat es den Vorteil, dass es im Nutzer positive Gefühle weckt und er eher zum Wiederkauf geneigt ist.

6. Sympathie

Wenn wir jemanden mögen, werden wir uns eher von ihm beeinflussen lassen.

Sympathie entsteht durch drei Hauptfaktoren:

  • Attraktivität: Auch wenn es politisch unkorrekt ist, beeinflusst die äußerliche Attraktivität die Wahrnehmung von anderen Eigenschaften wie Kompetenz oder Intelligenz. Hier greift auch der sogenannte Halo Effekt, also attraktiven Menschen werden eher positive Eigenschaften zugeschrieben.
  • Gemeinsamkeiten: Wir vertrauen Menschen, die uns ähnlich sind
  • Komplimente: Menschen mögen Komplimente. Und das heißt auch, dass Komplimente eher dazu führen, dass wir uns von jemandem überzeugen lassen.

Wie kannst du das als Onlinehändler richtig einsetzen?

Zugegeben, das ist vielleicht ein bisschen schwierig, weil Onlinekäufe nicht über Face-to-Face Konversationen funktionieren.

Dennoch kannst du hier zum Beispiel ansprechende Produktfotos mit attraktiven Models nutzen. Du kannst Bilder zeigen mit positiver Stimmung.

In deinen Werbebotschaften kannst du Verständnis für das Problem der Zielgruppe vermitteln und so Gemeinsamkeiten aufzeigen. So wie in diesen Beispiel:

Wir hatten schon immer das Problem, dass wir eine Tätowierung vielleicht bereuen könnten, weil sie nicht zu uns passt. Genau daraus ist unsere Idee entstanden für individuell gestaltbare Klebe Tattoos, womit du dein Motiv erstmal unverbindlich ausprobieren kannst.

Unter anderem solltest du in deinen Werbetexten gleiche Werte wie deiner Zielgruppe vermitteln:

Für uns war schon immer die Gesundheit das Wichtigste. Daher verzichten wir in unseren Produkten auf künstliche Zusatzstoffe, die dem Körper schaden könnten.

Die Prinzipien allein bringen nichts

Zum Schluss möchte ich das Ganze noch mal ein bisschen relativieren und meinen eigenen Senf dazugeben, weil es mir ganz wichtig ist, dass du verstehst:

Die sechs Prinzipien alleine verkaufen nichts, sondern dienen lediglich als eine Art Enhancer, also ein Verstärker, die die Wirkung der eigentlichen Werbebotschaft verbessern. Also auf gut Deutsch: Wenn dein Produkt niemand braucht, dann werden diese Prinzipien rein gar nichts bringen.

Tipp: Stelle erste sicher, dass dein Produkt ein Bedürfnis befriedigt und das auch richtig kommuniziert wird.